Berechnung des Pflichtteils

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteilsberechtigte erhält die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs orientiert sich also an der gesetzlichen Erbquote. Zunächst muss daher der gesetzliche Erbteil bestimmt werden. Dieser wird dann halbiert.

Das ist verhältnismäßig einfach.

Beispiel:
Der Witwer W hat zwei Kinder T und S.
Er bestimmt in seinem Testament, dass Alleinerbin seine Tochter T sein soll. Den Sohn S erwähnt er im Testament gar nicht.

S wurde im Testament nicht bedacht und daher von W enterbt. Er hat somit Anspruch auf den Pflichtteil. Der Pflichtteilanspruch beläuft sich auf die Hälfte des Wertes seines gesetzlichen Erbteils.

Der gesetzliche Erbteil von Sohn S beträgt ½. Denn ohne das Testament wäre S Erbe seines Vaters W in Höhe von ½ geworden. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte davon, also 1/4 des Nachlasswertes.


Wie hoch ist der Pflichtteil des Ehegatten?

War der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet, so beeinflusst der Güterstand, in dem er gelebt hat, das gesetzliche Erbrecht des längerlebenden Ehegatten und damit auch zwangsläufig seinen Pflichtteil und das Pflichtteilsrecht etwaiger vorhandener Kinder.

Die Höhe des Ehegattenpflichtteils hängt also davon ab, welcher Güterstand gilt. Haben Ehegatten in einem Ehevertrag nichts anderes vereinbart, gilt der gesetzliche Güterstand - wie in den allermeisten Fällen. Das ist die Zugewinngemeinschaft.

Der Pflichtteil beträgt auch beim Ehegatten die Hälfte vom Wert seines gesetzlichen Erbteils.

Der gesetzliche Erbteil des längerlebenden Ehegatten beträgt:

  • ¼ des Nachlasses, wenn Kinder vorhanden sind
  • und zusätzlich noch ein weiteres ¼ als pauschalen Ausgleich des Zugewinnes, egal ob überhaupt ein Zugewinn während der Zeit der Ehe erzielt wurde.

Insgesamt beträgt also der gesetzliche Erbteil des Ehegatten bei der Zugewinngemeinschaft ½ des Nachlasses, wenn Kinder vorhanden sind. Der Pflichtteil ist wiederum die Hälfte davon, also ¼.

Bei der Zugewinngemeinschaft kann es sich in bestimmten Fällen aber lohnen, anstatt des pauschalen Ausgleichs des Zugewinns einen konkreten Zugewinnausgleich zu verlangen, z. B. wenn der verstorbene Ehegatte während der Ehe einen beträchtlichen Vermögenszuwachs erfahren hat.

Hier unterscheidet man zwischen dem sogenannten kleinen und großen Pflichtteil. Ist der längerlebende Ehegatte entweder gesetzlicher oder testamentarischer Erbe geworden, so kann es sich für ihn rechnen, das Erbe auszuschlagen. In diesem Fall erhält er zwar nur den sogenannten kleinen Pflichtteil, also die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils, er kann aber zum anderen den Ausgleich des Zugewinns nach den güterrechtlichen Bestimmungen verlangen.

Um hier keine Fehler zu machen, sollte in jedem Fall ein Rechtsanwalt konsultiert werden.


Was gilt bei Gütertrennung?

Bei der Gütertrennung variiert die Höhe des gesetzlichen Erbteils und damit auch die Höhe des Pflichtteilsanspruchs. Der Erbteil hängt davon ab, ob und wie viele Kinder hinterlassen wurden.

Neben Erben erster Ordnung (Kinder und Enkel des Erblassers) beträgt der gesetzliche Erbteil des Ehegatten im Falle der Gütertrennung je nach Anzahl der Kinder ½ bis ¼ des Nachlasses. Der Pflichtteilsanspruch beläuft sich damit auf 1/4 bis 1/8 des Nachlasswertes.

Neben Erben zweiter Ordnung (Eltern und deren Abkömmlinge) beträgt der Pflichtteilsanspruch ¼ des Nachlasswertes.

Was gilt bei Gütergemeinschaft?

Bei der Gütergemeinschaft verschmelzen die beiden Vermögensmassen der Eheleute zu einer Einheit.

Haben die Ehegatten Gütergemeinschaft vereinbart, verbleibt es bei der allgemeinen Regel, wonach der pflichtteilsberechtigte Ehegatte die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils erhält.

Wie wird der Pflichtteil berechnet?

Hat man die Pflichtteilsquote ermittelt, stellt sich die Frage, in welcher Höhe Zahlung vom Erben verlangt werden kann. Denn der Anspruch auf den Pflichtteil ist immer nur auf Zahlung von Geld gerichtet. Der Pflichtteilsberechtigte kann z. B. nicht verlangen, dass ihm ein Grundstück oder ein Auto aus dem Nachlaß übereignet wird.

§ 2311 des Bürgerliches Gesetzbuchs (BGB) bestimmt, dass für die Berechnung des Pflichtteils der Bestand und der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers entscheidend ist.

Für die Berechnung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs ist es also völlig irrelevant, welchen Wert das Erblasservermögen am Tag vor oder am Tag nach dem Erbfall hatte. Einzig entscheidend ist der Wert des Nachlasses am Tag des Ablebens des Erblassers (Stichtagsprinzip).

Die Ermittlung des pflichtteilsrelevanten Nachlasses erfolgt durch die Erstellung einer Art Bilanz über den Nachlass, die aus einer Haben- (Aktiva) und einer Soll-Seite (Passiva) besteht. Diese Aufstellung nennt man auch Nachlassverzeichnis.

Was zählt zu den Aktiva?

Zu den Aktiva gehören insbesondere:

• Guthaben auf Girokonten, Sparkonten
• Bargeld
• Aktien, Wertpapiere
• Bausparverträge
• Sterbegeldversicherungen
• Schmuck, Kunstgegenstände
• Pkw
• Immobilien
• Unternehmen oder Beteiligungen an einem Unternehmen

Was sind Passiva?

Zu den pflichtteilsrelevanten Passiva gehören beispielsweise:

• Beerdigungskosten inklusive Leichenschmaus und Todesanzeige in der Zeitung, Blumenschmuck
• Kosten des Grabsteins und Erstanlage des Grabes
• etwaige Auskunfts- und Wertermittlungskosten (z.B. Kosten für das notarielle Nachlassverzeichnis, Sachverständigenkosten für das Verkehrswertgutachten über ein Grundstück)
• Darlehensverbindlichkeiten inkl. der zum Stand Todestag angefallenen Zinsen
• offene Rechnungen, z. B. vom Pflegeheim, Rezepte, Telefon, Strom etc.)

Die Frage, was zu den Aktiva und Passiva gehört und welchen Wert die einzelnen Nachlaßbestandteile haben (insbesondere der Wert von Immobilien), sind Auslöser für die meisten Erbstreitigkeiten.