Letzter Wille 2.0
Wer heutzutage stirbt, hinterläßt oftmals ratlose Angehörige, die mit der Regelung des digitalen Nachlasses überfordert sind. Zum Nachlaß gehört nämlich auch alles, was der Verstorbene im Netz gespeichert hat: seine Profile bei sozialen Netzwerken (Facebook, Xing, Twitter usw.), seine Onlinekonten bei Ebay, Amazon und Paypal, die eigene Homepage und Fotos in der Cloud.
Nur ein gutes Drittel (37 %) der User kümmert sich darum, was nach dem eigenen Tod mit dem so genannten digitalen Erbe geschieht. 16 % haben ihren digitalen Nachlass vollständig geregelt, 21 % teilweise. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von BITKOM unter 1.178 Menschen in Deutschland ab 16 Jahren, darunter 1.014 Internetnutzerinnen und Internetnutzer.
Die Mehrheit (83 %) all derjenigen, die ihr digitales Erbe ganz oder teilweise geregelt haben, bestimmten eine Vertrauensperson aus dem Umfeld, die sich die Online-Accounts kümmern soll. 47 % haben bei sozialen Netzwerken und ihren Online-Accounts konkrete Kontakte angegeben, soweit dies angeboten wird. Wenige (13 %) haben testamentarisch vorgesorgt. Fast niemand (2 %) bediente sich einer kommerziellen Plattform oder App für die digitale Nachlassplanung.
Ein Drittel der User wünscht sich ein digitales Leben nach dem Tod. 36 % möchten, dass ihre Profile in sozialen Netzwerken auch nach ihrem Ableben weiterbestehen.
Hat der Verstorbene in einem Testament nichts anderes bestimmt, geht das Recht an den Daten automatisch auf die Erben über. Die Erben werden nicht nur Eigentümer aller Gegenstände des Verstorbenen (Computer, Smartphone usw). Der Bundesgerichtshofs hat im Jahr 2018 entschieden, dass dieser Eigentumsübergang auch den Zugang zu Accounts in sozialen Medien umfasst. Damit dürfen die Erben die dort gespeicherten Daten uneingeschränkt lesen.
Angehörige können beantragen, das Profil in einen „Gedenkzustand“ zu versetzen. Die Profilinhalte bleiben dann erhalten und Freunde oder Familienmitglieder können in der Chronik Erinnerungen teilen.
Der Zugriff auf die Daten im Netz scheitert aber meist schon daran, daß kein einziges Passwort bekannt ist. Jeder sollte sich fragen, wer wie an die wichtigen Web-Daten gelangen kann, wenn er heute stirbt.
Für derartige Fälle gibt es bereits IT-Spezialisten, die den Computer eines Verstorbenen nach Hinweisen auf Online-Konten durchsuchen. Mit den Angehörigen wird sodann besprochen, was mit den gefundenen Daten passieren soll.
Die gleiche Lücke wollen Datenvererbungsdienste wie assetlock.com und deathswitch.com schließen. Diese Dienste senden Angehörigen diejenigen Daten zu, der der Kunde zu Lebzeiten bei ihnen hinterlegt und für den Todesfall bestimmt hat, an wen sie weitergeleitet werden sollen – eine Art virtuelles Testament.
Zu bedenken ist auch, daß solche Bestandteile des Nachlasses oftmals übersehen werden, weil sie in keinem Rechnungs– oder Versicherungsordner auftauchen, da Verträge im Netz digital geschlossen werden.
Die Web-Daten können natürlich auch ganz profan auf eine Liste geschrieben und im eigenen Tresor oder Bankschließfach deponiert werden. Sie zusammen mit dem Testament beim Notar zu hinterlegen, scheitert bereits daran, daß Accounts und Passwörter regelmäßig geändert werden sollten. Auf einmal beim Notariat hinterlegte Dokumente kann man aber nur eingeschränkt zugreifen.